
Die Flora
Veranstaltungsgebäude im Botanischen Garten
AuftraggeberIn: Stadt Köln
Gesellschaft: K+H Architekten und Generalplaner GmbH
Projektlaufzeit: 2007 – 2014
BRI: 37.100 qm
Fotografie: Jens Willebrand, Johannes Dreuw
Luftaufnahmen: Volker Dennebier
Flora in Köln
Was ist entstanden ?
Das ehemalige Palmenhaus von 1863 liegt im symmetrisch angelegten Botanischen Garten in Köln. Ursprünglich in Form einer verglasten Orangerie erbaut, wurde die Flora während des Krieges zerstört. Der Saalbau wurde mit einem Notdach versehen und später mehrfach an- und umgebaut.
Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude wurde generalsaniert und die ursprüngliche Gebäudekontur wieder hergestellt. Die Dachtonne wurde mit einem neuen Tragwerk wieder aufgebaut. Die Sanierungsmaßnahmen im Bestand bilden zusammen mit der Erweiterung im Norden ein vielfältig nutzbares Veranstaltungsgebäude mit einem großen und mehreren kleineren Sälen. Es steht in der Tradition, der bereits im 19.Jh. als Veranstaltunsgraum genutzten Orangerie.
Maßnahmen
Die heterogenen, später ergänzten Anbauten wurden abgerissen und durch einen neuen verglasten Anbau ersetzt, der das neue große Foyer, die Zentralküche und teilbare Säle im Obergeschoss enthält. Er tritt eindeutig in zeitgemäßer Architektursprache neben der denkmalgeschützten Bausubstanz in Erscheinung.
Der Haupteingang wird nun vom Parkplatz aus ebenerdig erschlossen und liegt somit im Sockelgeschoss des Gebäudes.
Ein abtrennbares Foyer im neuen Anbau ergänzt den historischen Saal im EG. Im OG des Anbaus und im DG liegen weitere Veranstaltungsräume. So entstand unter dem neu errichteten Tonnendach ein attraktiver Kuppelsaal. Im UG des Anbaus befindet sich eine große Produktionsküche, die mit Stationsküchen neben den Sälen verbunden ist.
Das gesamte Gebäude ist selbstverständlich barrierefrei erschlossen und entspricht brandschutztechnisch und schallschutz – technisch den aktuellen Anforderungen. Die Ecktürme wurden zu Treppenhäusern umgebaut, zentral gelegene Panoramaaufzüge verbinden die Geschosse.
Die an das Gebäude angrenzenden Terrassen wurden neu gestaltet und für die gastronomische Nutzung hergerichtet.
Dachgeschoss mit Bibliothek und Mensa
Umfassende Bestandsaufnahme und
Ist-Analyse
In einer ersten Projektphase wurde das bestehende Gebäude einer eingehenden funktionalen Bestandsaufnahme hinsichtlich der Raumzuschnitte, der Hauslogistik und des Nutzerbedarfs unterzogen. Zur Klärung der Zusammenhänge wurden ausführliche Gespräche mit dem Betreiber des Hauses geführt und in verschiedenen Betriebsszenarien durchgesprochen. Dabei spielten die Zugangssituation des Gebäudes für die einzelnen Bereiche, die Anlieferung und Entsorgung, die gastronomische Organisation, die Fluchtwegesituation und die technischen Anforderungen eine große Rolle.
Als nächster Schritt erfolgte die Analyse der Substanz der Gebäudekonstruktion, des Tragwerks einschließlich der Fundamentierung und des Zustands von Fassaden, Sockelgeschoss, Terrassen und Baugrund. Historisch bedeutsame Bauteile wurden in Abstimmung mit dem Denkmalamt untersucht. Wand- und Bodenschlitze ermöglichten die Erkundung des konstruktiven Aufbaus der Bauteile. Die verschiedenen Proben wurden unter anderem der Materialprüfanstalt Stuttgart zur Analyse zugesandt.
Lage der Schule im Gelände mit Blick auf die Gemeinde.
Planungsbeschluss: komplette Neuorganisation und neuer Anbau
All die vorgenannten Kriterien und Probleme führten Bauherren und Planer letztendlich zu dem Entschluss, das Gebäude komplett zu entkernen, eine zusätzliche Tragstruktur einzubauen und den Altbau anschließend zu rekonstruieren.
Alle Anbauten sollten abgerissen und durch einen modernen Anbau ersetzt werden sowie die Nutzungsverteilung und Erschließung neu organisiert werden.
Obwohl die Maßnahme dadurch zunächst erheblich umfangreicher und teurer wurde als geplant würde sich dies durch die viel intensivere und effektivere Nutzung langfristig als wirtschaftlicher erweisen.
Anbau als Flächenerweiterung für Küche und zusätzliche Veranstaltungsräume
Baustellenbilder
Mitten im Grünen und doch Zentral in der Stadt
Denkmalgerechte Rekonstruktion und moderne Architektursprache
Obwohl nur noch wenig an den einstigen Glaspalast erinnerte ist das Veranstaltungszentrum Flora auf Grund seiner markanten Lage seit 1980 in die Denkmalliste der Stadt Köln eingetragen.
Daher fand der gesamte Entwurfsprozess in enger Abstimmung mit dem Denkmalamt statt. In intensiven Diskussionen wurden die Festlegungen zum Erhalt bzw. zur Rekonstruktion der historischen Elemente erarbeitet. Ein wesentliches Kriterium war die Wiederherstellung der Kubatur des ursprünglichen Baukörpers mit dem markanten Tonnendach.
Dabei einigte man sich darauf, die neu zu erstellenden Bauteile nicht als originalgetreue Replik zu fertigen, sondern in Anlehnung an das historische Vorbild zu gestalten. So waren z. B. die Rosettenfenster im Dach früher aus vielen einzelnen Scheiben mit gusseisernen Sprossen gefertigt.
Nun sind sie dem Stand der Technik entsprechend aus Wärmeschutzglas hergestellt, in dem die Ornamentik der alten Fenster als Bedruckung der Scheiben wieder aufgegriffen wird.
Der Glaspalast war 1864 eine konstruktive Herausforderung, ein kühner, neuer, moderner Gebäudetyp, aufgelöst, verglast und entmaterialisiert. Er brach mit den Gebäudetypologien der Bauten dieser Zeit und war eine konstruktive Meisterleistung.
Das Haus mit seiner Geschichte und seinen sich daraus entwickelten technischen und geometrischen Bedingungen lieferte den Hintergrund für die Weiterentwicklung. Auf der einen Seite wurden Schichten innerhalb des Gebäudes abgetragen und Oberflächen in den historischen Zustand rückgeführt, wie z. B. beim Ballsaal.
Auf der anderen Seite kommen moderne Materialien zum Einsatz, um den historischen Charakter des Gebäudes aufzugreifen. Beispielsweise ist das neue Tonnendach nicht mehr aus Glas sondern erhält eine Deckung aus Zinkblech, die die Umsetzung der aktuellen Anforderungen an Schallschutz und Wärmedämmung ermöglicht.
Die Ergänzungen der fehlenden Elemente in den Eckbereichen der Türme wurden ebenfalls baukörperlich wiederhergestellt. Das dafür gewählte Material aus scharriertem Beton macht Alt und Neu klar ablesbar und stellt eine Rekonstruktion in Anlehnung an die Historie dar. Die vorhandenen Teile der Natursteinfassade hingegen wurden fachgerecht restauriert.
Ballsaal, Dachsalon und Innenraumgestaltung
Blick von Außen auf den großen Saal
Großer Festsaal von Innen
Neubau: Anbau außen mit bedruckter Fassade
Neubau: Anbau Innen mit Festsaal
Der Ballsaal erstrahlt wieder in alter Pracht
Die bisherige Zwischenebene an der Nordseite des Großen Saales wurde abgebrochen und der Saal in seiner historischen Symmetrie mit zwei gusseisernen Säulenreihen wieder hergestellt. Die fehlenden Gussstützen konnten originalgetreu rekonstruiert werden. Moderne Kronleuchter greifen den ursprünglichen Charakter des Raums wieder auf. Damit wurde das Herzstück des Gebäudes dem Ursprungszustand am nächsten gebracht. Es ergeben sich historische und neue Schichten, die sich überlagern.
Die Orientierung des Großen Saales wurde gedreht. Die Bühne liegt somit im Westen, wodurch die Saalerschließung direkt vom über alle Etagen reichenden, offenen Foyer Ost aus erfolgt. Das Foyer West kann bei großen Veranstaltungen auch als Bühnenrückraum genutzt werden.
Der Hauptzugang für das Publikum erfolgt heute über einen neuen repräsentativen Haupteingang im Sockelgeschoss an der Ostseite. Das Foyer entwickelt sich zu einem beeindruckenden offenen Raum über die gesamte Gebäudehöhe von 20,5 m. Eine zentrale verglaste Panoramaaufzugsanlage erschließt alle Geschosse und bietet einen grandiosen Ausblick.
Die alten Anbauten auf der Nordseite wurden im Zuge der Maßnahme durch einen einzigen modernen Neubau ersetzt, der mit einer Glas-Fuge vom Bestandsbau abgelöst ist. Dieser Baukörper hat großflächige Verglasungen, eine geschosshohe Scheibe wiegt ca. 600 kg. Er hat im Gegensatz zum historischen Bestandsbau jedoch eine glatte, homogene und floral bedruckte Glasfassade. Damit wird der gestalterische Gedanke von früher aufgenommen und aktuell weitergeführt. Durch die Großflächigkeit der Fassade wirkt der Anbau sehr homogen und macht dem historischen Gebäude mit seinen vielen
Dachsalon von Außen
Dachsalon von Innen
Die „Flora“ wird zum „Palais im Park“
Mit der Reorganisation und Sanierung des Gebäudes ist ein interessanter Veranstaltungsmix bei wirtschaftlichem Betrieb möglich. Insgesamt bietet das Gebäude Platz für 2.000 Personen in fünf Räumen mit einer Kapazität von 50 bis 850 Personen.
Das Veranstaltungszentrum ist nun wieder energetisch und haustechnisch auf dem aktuellen Stand, erfüllt alle Anforderungen an Brandschutz und Sicherheit und bietet mit seinem barrierefreien Leitsystem und Erschließung auch sehbehinderten und mobilitätseingeschränkten Besuchern ungehinderten Zugang in alle Räume.
Mit modernster Veranstaltungstechnik, hausinterner Logistik und Gastronomie können hier in Zukunft wieder rauschende Bälle und Karnevalssitzungen, feierliche Empfänge, gepflegte Konzerte und unbeschwerte Feiern stattfinden.
